Beschluss des Nationalrates: Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz u.a.
Es wird unter bestimmten Voraussetzungen die Überwachung von Nachrichten potenzieller Gefährderinnen/Gefährder für Zwecke des Verfassungsschutzes ermöglicht.
- Datum des Beschlusses des Nationalrates: 9. Juli 2025
- Inkrafttreten: zum Teil am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt, zum Teil am 1. Oktober 2025
Ziel
Sicherstellung moderner, zweckmäßiger und effizienter Ermittlungen durch den
Verfassungsschutz
Inhalt
- Einführung einer Ermittlungsbefugnis zur Überwachung von Nachrichten, einschließlich verschlüsselter Kommunikation nach Genehmigung durch das Bundesverwaltungsgericht (§ 11 Abs. 1 Z 8 und 9 sowie §§ 15a ff Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz – SNG)
- Neuregelung des Aufschubs der Berichtspflicht (§ 6 Abs. 4 SNG)
- Schaffung einer Rechtsgrundlage, um im Einzelfall dem Nachrichtendienst unter gesetzlich festgelegten Kriterien die Wahrnehmung einer Staatsschutzaufgabe zu ermöglichen (§ 6 Abs. 5 SNG)
- Einführung einer verpflichtenden Vertrauenswürdigkeitsprüfung für die Rechtsschutzbeauftragte/den Rechtsschutzbeauftragten, ihre/seine Stellvertretung sowie die mit der Überwachung von Nachrichten befassten Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichts (§ 91b Abs. 1a Sicherheitspolizeigesetz – SPG und § 15c Abs. 3 SNG)
- Schaffung einer Möglichkeit zur Abberufung der Rechtsschutzbeauftragten/des Rechtsschutzbeauftragen und ihrer/seiner Stellvertretung bei grober Pflichtverletzung oder einer nachträglichen Unvereinbarkeit mit der Funktion (§ 91b Abs. 2 und 2a SPG)
- Schaffung einer Mitwirkungsverpflichtung der Anbieterinnen/Anbieter von Kommunikationsdiensten bei der Überwachung unverschlüsselter Nachrichten nach dem SNG im Telekommunikationsgesetz 2021 – TKG 2021
- Schaffung einer Rechtsgrundlage für eine Rufbereitschaft oder einen Journaldienst am Bundesverwaltungsgericht (§ 16a Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG und § 66 Abs. 3 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz – RStDG)
Hauptgesichtspunkte
Mit dieser Novelle wird unter anderem für den Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes eine gesonderte Möglichkeit geschaffen, sicherheitspolizeiliches Einschreiten oder kriminalpolizeiliche Ermittlungen aufzuschieben.
Zudem hat die Praxis seit Inkrafttreten des SNG gezeigt, dass die strikte Aufgabenzuweisung der erweiterten Gefahrenerforschung zur Beobachtung einer Gruppierung (§ 6 Abs. 1 SNG) und des vorbeugenden Schutzes vor verfassungsgefährdenden Angriffen durch Einzelpersonen (§ 6 Abs. 2 SNG) zu den für den Nachrichtendienst bzw. Staatsschutz zuständigen Organisationseinheiten trotz Einrichtung einer Informationsschnittstelle eine rasche, zweckmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung in gewissen Fallkonstellationen erschweren kann. Deshalb wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, damit die Direktorin/der Direktor im Einzelfall unter gesetzlich festgelegten Kriterien den Aufgabenbereich Nachrichtendienst dazu ermächtigen kann, eine Aufgabe nach § 6 Abs. 2 SNG (Staatsschutz) wahrzunehmen.
Weiters wird eine Rechtsgrundlage im SNG geschaffen werden, um in bestimmten, gesetzlich klar definierten Fällen die Überwachung von Inhaltsdaten nach dem Vorbild der Regelungen in der Strafprozessordnung (StPO) zu ermöglichen. Angesichts der – insbesondere im Bereich grenzüberschreitender terroristischer Aktivitäten – zunehmenden Verlagerung herkömmlicher, unverschlüsselter Telekommunikation auf internetbasierte, zumeist end-to-end-verschlüsselte Kommunikation (wie etwa über WhatsApp oder Signal) wird zusätzlich eine Rechtsgrundlage geschaffen, um verschlüsselte Nachrichten zur effektiven Bekämpfung verfassungsschutzrelevanter Bedrohungslagen zu überwachen, wenn die bestehenden Ermittlungsmaßnahmen zur Vorbeugung des befürchteten verfassungsgefährdenden Angriffs aussichtslos sind. Die Einführung der Nachrichtenüberwachung im SNG wird von besonderen Berichtspflichten des Bundesministers für Inneres an den ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit (§ 17 SNG) begleitet.
Im Rahmen der Novelle werden auch Ergänzungen des Deliktskatalogs der verfassungsgefährdenden Angriffe um für den Verfassungsschutz relevante Tatbestände insbesondere des Strafgesetzbuches und des Waffengesetzes vorgenommen.
Weitere Anpassungen des SPG werden eine verpflichtende Vertrauenswürdigkeitsprüfung der/des Rechtsschutzbeauftragten, ihrer/seiner Stellvertretung (und sonstiger Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter im administrativen Bereich) sowie die Möglichkeit von deren Abberufung im Falle grober Pflichtverletzungen oder einer nachträglichen Unvereinbarkeit mit der Funktion durch die Bundespräsidentin/den Bundespräsidenten sicherstellen.
Mit den Änderungen des TKG werden die Anpassungen vorgenommen, die für die allfällige Mitwirkung der Anbieterinnen/Anbieter von Kommunikationsdiensten an der Nachrichtenüberwachung erforderlich sind.
Schließlich wird durch die Anpassungen im BVwGG und im RStDG ermöglicht, eine Rufbereitschaft, allenfalls einen Journaldienst beim Bundesverwaltungsgericht einzuführen.